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Kleine Geschichte der Kapelle Reez

Gottfried Holtz schreibt in seinem etwa 1954 erschienen Buch “Kirchen auf dem Lande” S. 40 : “Viel zu wenig bekannt ist die entzückende Kapelle von Reez, in einem Dorf mit anderen guten klassizistischen Bauten gelegen… Die Kapelle befindet sich aussen und innen in bestem baulichen Zustand…” In den Tafeln 139 a u. b sieht man 2 kleine Fotos von Karl Eschenburg, die den Innenraum zeigen.

Aus Erkenntnissen des ehemaligen Rostocker Stadtarchivars L. Krause weiss man, dass dieser Standort schon in vorchristlicher Zeit den Bewohnern ein heiliger Ort war. Die — jetzt leider sterbenden umstehenden Eschen — könnten darauf hindeuten, dass sich hier einst ein Heiligtum für den — auch unterschiedlich benannten — Hauptgott der Wenden — Svantewitt — befunden hat.

Für den Bau der christlichen Kapelle gibt es mehrere historisch-kunstwissenschftliche oder historisch-architekturgeschichtliche Quellen. Bekannt ist Friedrich Schlie “Geschichte der Kirchen in Mecklenburg” 1. Und 2. Auflage und bekannt ist auch die Topografie “Dehio” (Texte nebenstehend).

Das sind die historischen Quellen, die Mitte bis Ende des 19. Jhd. entstanden sind. Zur Ausgestaltung wird hier wenig bis nichts gesagt. Die 1. und 2. Ausgabe des Schlie geben unterschiedliche Entstehungsjahre an, 14. und 18. Jhd. Richtig ist die Entstehung als verputzer Feldsteinbau im 14. Jhd.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kapelle — die vermutlich immer schon zum Gut Reez gehörte — zerstört.  Sie stand bis zu einer Hochzeit 1772 — in einer Inschrift vermerkt — zerfallend am Dorfrand. Das Dach fehlte, die Giebelwand war abgestürzt, der Dachreiter fehlte. Von dem bauzeitlichen Putz müssen nur noch geringe Reste vorhanden gewesen sein. Aus Resten wissen wir, dass es einen Putz von 1772 gegeben haben muss.

Die Kapelle wurde baulich in Stand gesetzt und im Stile der Zeit — Spätbarock — ausgestaltet. Der nur in protestantischen Kirchen vorkommende Kanzelaltar wurde aufgerichtet, die Empore, die Bänke und das gesamte Schnitzwerk eingebaut. Das Schnitzwerk weist eine starke Verwandtschaft zu dem Schnitzwerk im Westteil der Marienkirche Rostock auf.

Die flache Decke erhielt ihren kuriosen — beinahe naiv zu nennenden — Stuck, der in dieser Ausprägung einzigartig ist. Während der Restaurierung wurden Vorzeichnungsreste für den Stuck gefunden, die eine andere künstlerische Ausprägung anzeigten. Diese Ausformung wäre vermutlich teurer geworden.

1939 stand auf dem Gut Reez wieder einmal eine Hochzeit an, die auch durch eine offizielle Inschrift bezeugt wird. Dazu gibt es eine inoffizielle Inschrift hinten unter der Kanzel, die darüber Auskunft gibt, dass die Malerfirma Rosenow aus Bad Doberan die Renovierung vorgenommen hat. Die Firma existierte bis in die 1950er Jahre und lebte dann als PGH fort. Zeitbedingt — nehmen wir an — wurde sehr schlechtes Material benutzt und die wunderbare Farbigkeit, sowie die Vergoldungen wurden völlig ignoriert.

Um 1985 — die Kapelle war durch die Ereignisse der Bodenreform nach 1945 in den Besitz der politischen Gemeinde gelangt — begann die Gemeinde mit der baulichen Instandsetzung der Kapelle. Das Dach wurde repariert und der Dachreiter und die Uhr wurde wieder zum Ticken gebracht.

Im Innern bot sich ein desolates Bild. Der Stuck war durchnässt, in Teilen herunter gebrochen, von Rissen durchzogen. Alle Holzteile waren 1939 in Grautönen gestrichen worden. Die Vergoldungen waren zum Teil mit Goldbronze gestrichen, z.T. mit gelber Farbe. Die wunderbaren barocken Vergoldungen hatten ihren Glanz verloren. Die Bronze war schwarz oxidiert, viele Spitzen fehlten, manche der Schnitzornamente existierten nur noch in Holzmehlform unter der Vergoldung. Die zarte Verglasung der Lünettenfenster der Empore fehlte, die Lünettenfenster selbst waren nur noch Bruch.

Es ist  Verdienst der politischen Gemeinde, dass dies barocke Kleinod erhalten blieb und fortlaufend restauriert werden kann. Namentlich seien hier die ehemaligen Bürgermeister Herr Brehm, Herr Holzerland und besonders Martin Jais genannt. Herr Brehm sorgte für den Beginn und die Nachfolger führten die Arbeiten fort. Martin Jais sorgte für den Stromanschluss — von da an gab es Licht in der Kapelle — für die Bankheizung und den Kronleuchter. Gemeinsam haben wir den barocken Außenputz rekonstruiert. Es fehlen noch  etwa 45 Schnitzteile, die sich in der Restaurierung befinden und die umlaufende Mauer ist unvollständig.

Wolfram Vormelker

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